Eine betriebsbedingte Kündigung stellt für Arbeitnehmer einen tiefen Einschnitt dar. In dieser Situation wünschen sich viele Mandanten möglichst schnell Klarheit über ihre rechtliche und finanzielle Lage. Arbeitgeber bieten daher oft bereits in einem frühen Stadium einen Vergleich an, um einen Rechtsstreit zu vermeiden und das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Für Arbeitnehmer wirkt dies oft wie eine schnelle und unkomplizierte Lösung. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die in dieser Phase angebotenen Abfindungen häufig deutlich niedriger ausfallen als die Beträge, die sich im Rahmen einer Kündigungsschutzklage durchsetzen lassen.

Ablauf Kündigungsschutzprozess

Entscheiden sich die Parteien für den Weg der Kündigungsschutzklage, erleben sie meist ein anderes Szenario. Bereits in der ersten mündlichen Verhandlung, der sogenannten Güteverhandlung, empfehlen Richterinnen und Richter den Parteien in der Regel, einen Vergleich zu schließen. Das hat einen einfachen Grund, denn nur die wenigsten Kündigungen sind wirklich unangreifbar. Fehler bei der Sozialauswahl, unklare unternehmerische Entscheidungen oder eine unzureichende Dokumentation sind klassische Schwachstellen. Arbeitgeber wissen das und sind häufig bereit, deutlich mehr anzubieten, um das Prozessrisiko zu vermeiden. Hinzu kommt, dass Unternehmen langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen scheuen, da diese Kosten verursachen, Zeit in Anspruch nehmen und für interne Unsicherheit sorgen. Dass im Gütetermin direkt eine Einigung erzielt wird und so das Verfahren endet, ist aber eher die Ausnahme.

Wann ein außergerichtlicher Vergleich sinnvoll ist

Das bedeutet jedoch nicht, dass es in jedem Fall klug ist, zunächst den Klageweg zu beschreiten. Es gibt durchaus Situationen, in denen ein außergerichtlicher Vergleich für beide Seiten vorteilhaft ist. Dies gilt beispielsweise dann, wenn der Arbeitnehmer bereits eine neue Stelle in Aussicht hat und ihm eine hohe Abfindung weniger wichtig ist als schnelle Rechtssicherheit. Auch Arbeitgeber haben häufig ein Interesse an einer sofortigen Lösung, um negative Stimmung in der Belegschaft oder langwierige Auseinandersetzungen zu vermeiden. Arbeitnehmer sollten in solchen Fällen allerdings nicht zu hoch pokern. Liegt bereits ein gutes Abfindungsangebot vor, kann es riskant sein, dieses abzulehnen. Denn eine gerichtliche Auseinandersetzung kann nicht nur mehr Zeit in Anspruch nehmen, sondern es besteht auch das Risiko, dass sich das Ergebnis am Ende kaum verbessert.

Strategie

Ob ein Vergleich vor oder während des Prozesses sinnvoll ist, hängt daher stark von der individuellen Ausgangslage ab. Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit und ungünstiger Sozialauswahl haben meist die besseren Karten im Prozess und können durch das Abwarten mehr herausholen. Wer dagegen erst kurze Zeit im Unternehmen beschäftigt war, hat oftmals weniger Druckmittel und ist mit einer frühen Einigung gut beraten. Arbeitgeber wiederum wägen ab zwischen Prozessrisiken, Kosten und der Signalwirkung gegenüber anderen Mitarbeitern.

Erfahrungen aus der Praxis

Aus meiner Erfahrung gilt eine Faustregel, nämlich, dass die Vergleichssumme im Laufe des Prozesses umso höher wird, je klarer die Kündigung angreifbar ist. Viele Arbeitnehmer stellen im Nachhinein fest, dass es richtig war, nicht vorschnell zu unterschreiben. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen ein früher Abschluss mehr Sicherheit gebracht hat, weil die Prozesschancen tatsächlich gering waren. In jedem Fall ist es entscheidend, nicht aus der Emotion heraus zu handeln, sondern eine nüchterne Strategie zu entwickeln.

Ein Vergleich ist bei betriebsbedingten Kündigungen in den meisten Fällen die realistische Lösung. Ob dieser außergerichtlich oder im Laufe des Prozesses geschlossen wird, hängt von den individuellen Umständen und Zielen ab. Neben den rechtlichen Erfolgsaussichten spielt auch die persönliche Belastbarkeit eine wichtige Rolle. Ein gerichtliches Verfahren kann psychisch sehr belastend sein und erfordert Durchhaltevermögen. Jeder Arbeitnehmer sollte daher für sich abwägen, ob er bereit ist, diesen Weg zu gehen. Wer die rechtlichen Spielräume kennt und seine Position realistisch einschätzt, hat die besten Chancen, das Maximum herauszuholen. Eine ausgewogene Beratung hilft, die richtige Balance zwischen Schnelligkeit, Belastbarkeit und Abwarten zu finden.

Gerne beraten wir Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Thema Kündigung und Vergleich!

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