Ein positiver Test nach der Kündigung

Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn eine Frau ihre Kündigung im Briefkasten findet und nur wenige Tage später erfährt, dass sie schwanger ist? Genau diesen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun zu entscheiden. Das Urteil stärkt den Kündigungsschutz für Schwangere deutlich: Auch wenn die gesetzliche Frist für eine Kündigungsschutzklage verstrichen ist, kann diese nachträglich zugelassen werden – unter bestimmten Bedingungen.

Gekündigt – ohne von der Schwangerschaft zu wissen

Die Klage wurde von einer Behandlungsassistentin aus Sachsen eingereicht. Am 14. Mai 2022 erhielt sie die Kündigung durch ihren Arbeitgeber. Zwei Wochen später wurde eine Schwangerschaft festgestellt. Sie reagierte umgehend, informierte ihren Arbeitgeber und vereinbarte einen Termin bei ihrer Frauenärztin. Dort wurde ein Untersuchungstermin für den 17. Juni 2022 vereinbart.

Kündigung während der Schwangerschaft? Nicht zulässig!

Bei der frauenärztlichen Untersuchung wurde ein voraussichtlicher Geburtstermin vom 2. Februar 2023 festgestellt. Rückgerechnet ergibt sich ein Schwangerschaftsbeginn am 28. April 2022, also deutlich vor dem Zugang der Kündigung am 14. Mai. Da eine Kündigung während der Schwangerschaft grundsätzlich unzulässig ist, beantragte die Frau eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage und reichte diese ein.

BAG stärkt werdende Mütter

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat entschieden, dass die Klage auch nach Ablauf der üblichen Dreiwochenfrist zulässig war. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Frau erst mit der ersten ärztlichen Untersuchung am 17. Juni 2022 von ihrer Schwangerschaft in einem rechtlich belastbaren Sinn erfahren konnte. Da diese Verzögerung außerhalb ihres Einflussbereichs lag, sei die verspätete Klage gerechtfertigt.

Bedeutung des Urteils

Das BAG-Urteil (Az.: 2 AZR 156/24) hat weitreichende Bedeutung: Wird einer Frau während der Schwangerschaft gekündigt und erfährt sie erst später durch einen Arztbesuch von ihrer bereits bestehenden Schwangerschaft, kann sie eine Kündigungsschutzklage auch nachträglich einreichen. Gemäß dem Kündigungsschutzgesetz muss dieser Antrag innerhalb von zwei Wochen nach der ärztlichen Bestätigung der Schwangerschaft gestellt werden.

Mehr Sicherheit für Frauen in sensibler Lebensphasen

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit und Sicherheit für Frauen in einer besonders vulnerablen Lebensphase. Das Urteil gewährleistet den Schutz der Rechte werdender Mütter und sendet ein klares Signal gegen übereilte oder unrechtmäßige Kündigungen während der Schwangerschaft – selbst in Fällen, in denen die Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung noch unbekannt war.

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