Internationales Arbeitsrecht – für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist es heute selbstverständlich, in ausländischen  Kontexten tätig zu sein – sei es durch regelmäßige Dienstreisen, eine Entsendung ins Ausland oder die Arbeit für ein global agierendes Unternehmen. Doch sobald ein Arbeitsverhältnis über Ländergrenzen hinweg wirkt, stellt sich die entscheidende Frage: Welches nationale Recht ist eigentlich anwendbar? Hier kommt das internationale Arbeitsrecht, genauer gesagt das Arbeitskollisionsrecht, ins Spiel.

Die zentrale Rechtsgrundlage bildet dabei die Rom I-Verordnung (VO (EG) Nr. 593/2008), die seit dem 17. Dezember 2009 für alle neu abgeschlossenen Verträge gilt. Sie regelt, welches nationale Recht bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen zur Anwendung kommt – und sorgt damit für mehr Rechtssicherheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Die Wahl des anwendbaren Rechts

Grundsätzlich haben die Vertragsparteien die Freiheit, das auf ihren Arbeitsvertrag anzuwendende Recht selbst zu bestimmen. Diese Rechtswahl kann ausdrücklich im Vertrag festgelegt werden, etwa durch eine Klausel wie „Dieser Vertrag unterliegt dem Recht der Bundesrepublik Deutschland“. Sie kann aber auch stillschweigend erfolgen, beispielsweise wenn der Vertrag auf bestimmte nationale Gesetze verweist oder typische Regelungen eines bestimmten Landes enthält.

Dabei muss die Rechtswahl aber nicht zwingend für den gesamten Vertrag gelten. Es ist möglich, nur einzelne Aspekte – etwa die betriebliche Altersvorsorge – einem anderen Recht zu unterstellen. Selbst nach Vertragsschluss bleibt die Möglichkeit, die Rechtswahl anzupassen. Dies ist im Fall eines gerichtlichen Verfahrens sogar noch möglich bis zur letzten mündlichen Verhandlung.

Schutz der Arbeitnehmer vor nachteiligen Regelungen

Doch was passiert, wenn das gewählte Recht für den Arbeitnehmer ungünstiger ist als das Recht, das normalerweise gelten würde? Hier greift der Schutzmechanismus des Art. 8 Rom I-Verordnung wonach zwingende arbeitsrechtliche Schutzvorschriften des eigentlich anwendbaren Rechts nicht einfach ausgehebelt werden dürfen.

Konkret bedeutet das, dass selbst, wenn im Vertrag beispielsweise das Recht eines Landes mit schwächerem Kündigungsschutz gewählt wurde, kann der deutsche Arbeitnehmer weiterhin den Schutz des deutschen Kündigungsrechts beanspruchen. Das gleiche gilt für Mindestlohnregelungen, Urlaubsansprüche oder andere zwingende Arbeitnehmerschutzvorschriften. Ein Günstigkeitsvergleich entscheidet, welche Regelungen letztlich anwendbar sind.

Was gilt, wenn keine Rechtswahl getroffen wurde?

Haben die Parteien keine ausdrückliche oder stillschweigende Rechtswahl getroffen, bestimmt die Rom I-Verordnung das anwendbare Recht nach objektiven Kriterien. Maßgeblich ist in erster Linie der gewöhnliche Arbeitsort (lex loci laboris). Arbeitet ein Angestellter also fest in Frankreich, gilt in der Regel französisches Arbeitsrecht – unabhängig davon, wo der Arbeitgeber seinen Sitz hat.

Doch nicht jeder Arbeitnehmer hat einen festen Arbeitsplatz. Bei mobilen Tätigkeiten – etwa für LKW-Fahrer, Berater oder Monteure – kommt es auf den Staat an, in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat. Gibt es mehrere mögliche Anknüpfungspunkte, kann eine Ausweichklausel greifen: Wenn das Arbeitsverhältnis eine besonders enge Verbindung zu einem anderen Staat aufweist, kann dessen Recht zur Anwendung kommen.

Manche Berufe sind von Natur aus international – hier gelten spezielle Regelungen:

  • Flugpersonal: Da Piloten und Flugbegleiter in der Luft arbeiten, gilt das Recht des Landes, von dem aus sie regelmäßig starten.
  • Seeleute: Hier kommt es auf die engste Verbindung an, oft ist das das Heimatland des Beschäftigten.
  • Grenzpendler: Bei Arbeitnehmern, die täglich oder wöchentlich zwischen zwei Ländern pendeln, richtet sich das anwendbare Recht nach dem Ort, an dem sie ihre Arbeitsleistung hauptsächlich erbringen.

Die Rom I-Verordnung sorgt somit für eine klare Struktur bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts und schützt gleichzeitig Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Nachteilen. Wer in einem internationalen Arbeitsverhältnis steht, sollte sich daher frühzeitig damit befassen – um sicherzustellen, dass die eigenen Rechte gewahrt bleiben.

Gerne beraten wir Arbeitgeber oder Arbeitnehmer zu allen Fragen im Arbeitsrecht – auch mit internationalem Bezug – kontaktieren Sie uns! Mehr zu unserem Beratungsangebot im Arbeitsrecht finden Sie hier:

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