Ab Juni 2026 gilt in allen EU-Mitgliedstaaten die EU-Entgelttransparenzrichtlinie (2023/970/EU) und sie betrifft nahezu jedes Unternehmen, unabhängig von Branche, Tarifbindung oder Größe. Ziel ist es, die geschlechtsspezifische Lohnlücke (Gender Pay Gap) zu schließen. Für Arbeitgeber bringt die Richtlinie damit tiefgreifende Veränderungen mit sich.
Warum eine neue Richtlinie?
Obwohl der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ seit Jahrzehnten gilt, verdienen Frauen in Europa im Durchschnitt immer noch weniger als Männer. Auch das deutsche Entgelttransparenzgesetz von 2018 hat in dieser Hinsicht nur wenige Veränderungen bewirkt.
Die neue EU-Regelung soll hier Abhilfe schaffen, indem sie für mehr Transparenz, klare Berichtspflichten und spürbare Sanktionen sorgt.
Das ändert sich ab 2026
- Berichtspflicht ab 100 Beschäftigten
Für Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden gilt künftig die regelmäßige Erstellung von Entgeltberichten. In der betreffenden Dokumentation ist darauf hinzuweisen, inwiefern sich die Vergütungen von Männern und Frauen, die in vergleichbaren Positionen tätig sind, voneinander unterscheiden.
Besteht ein Unterschied von mehr als 5 Prozent, der sich nicht objektiv rechtfertigen lässt, sind Arbeitgeber und Betriebsrat verpflichtet, gemeinsam eine Entgeltbewertung („joint assessment“) durchzuführen und die Vergütungsstruktur zu überprüfen.
- Auskunftsrecht für alle Beschäftigten
Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter kann künftig Auskunft darüber verlangen, wie das eigene Gehalt im Verhältnis zu vergleichbaren Tätigkeiten steht – unabhängig von der Unternehmensgröße.
Die bisherige Mindestgrenze von 200 Beschäftigten sowie die Anforderung, dass Vergleichsgruppen mindestens sechs Personen umfassen müssen, entfallen.
- Vergleich von gleichwertiger Arbeit
Gemäß den aktuellen Bestimmungen müssen identische Tätigkeiten sowie gleichwertige Arbeiten künftig gleich vergütet werden. Dadurch rückt die objektive Stellenbewertung stärker in den Fokus.
Unternehmen sind dazu verpflichtet, nachvollziehbar zu belegen, nach welchen Kriterien Tätigkeiten bewertet und entlohnt werden.
- Pflichten bei Stellenausschreibungen
Im Rahmen des Bewerbungsprozesses ist es von entscheidender Bedeutung, dass Bewerberinnen und Bewerber bereits vor dem Vorstellungsgespräch über die Gehalts- oder Gehaltsspanne der ausgeschriebenen Stelle informiert werden. In manchen Fällen ist auch die Information darüber relevant, ob ein Tarifvertrag gilt.
Die gängige Praxis, dass Bewerbende ihre Gehaltsvorstellungen angeben sollen, gehört damit der Vergangenheit an.
- Beweislastumkehr und Sanktionen
Wird eine ungleiche Bezahlung festgestellt, müssen Arbeitgeber künftig nachweisen, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt.
Darüber hinaus drohen hohe Nachzahlungen. Für Beschäftigte besteht die Möglichkeit, eine Rückzahlung des Gehalts für bis zu drei Jahre sowie eine Entschädigung einzufordern. Bei systematischen Verstößen sind „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen“ vorgesehen.
Was Unternehmen jetzt tun sollten
Auch wenn die Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie erst bis Juni 2026 verpflichtend ist, sollten Unternehmen bereits jetzt ihre Vergütungssysteme überprüfen und anpassen. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses ist die Analyse bestehender Gehaltsstrukturen auf potenzielle Ungleichheiten. Zudem ist es unerlässlich, die Kriterien für Tätigkeitsbewertungen sowie Gehaltsentscheidungen transparent zu dokumentieren. Führungskräfte sollten für eine faire Vergütung sensibilisiert werden. Zudem sollten Stellenausschreibungen und Vergütungsrichtlinien angepasst werden. Der Betriebsrat sollte eng eingebunden werden. Wer hier zu spät reagiert, riskiert hohe Nachzahlungen und Entschädigungen, Wettbewerbsnachteile im Kampf um Talente sowie Reputationsschäden.
Handlungsbedarf für Unternehmen
Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie fördert Lohngerechtigkeit in der EU. Unternehmen, die sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen, vermeiden potenzielle Risiken.
Kontaktieren Sie uns gerne bei weiteren Fragen zur EU-Entgelttransparenzrichtlinie!
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