Spätestens wenn der zweite Kollege innerhalb von einem halben Jahr seinen Job im Verband an den Nagel hängt, um im benachbarten Unternehmen in der Karriereleiter einen weiteren Schritt nach oben zu klettern, kommt der ein oder andere ins Grübeln. Lohnt sich der Wechsel in die Privatwirtschaft aus finanziellen Gründen? Wie viel kann man im Verband eigentlich verdienen und welche Vorteile bietet die Tätigkeit in einer solchen Organisation darüber hinaus?
Solche Überlegungen sind sicher nachvollziehbar. Vor allem, seitdem die Arbeitslosenquote nach einem historischen Hoch von 13 Prozent im Jahr 2005 stetig rückläufig ist. Dieser Trend wird sich wohl noch verstärken. Spätestens dann, wenn sich die Babyboomer nach und nach in die Rente verabschieden. Der aktuelle Arbeitnehmermarkt gibt vielen nun endlich die Möglichkeit, sich beruflich neu zu orientieren, ohne Sorge haben zu müssen, nach einer missglückten Probezeit länger in die Arbeitslosigkeit abzurutschen.
Auf der anderen Seite geht es im Verband vor allem darum, die Organisation trotz Personalnot rechtssicher und kompetent aufzustellen. Gerade bei Personalfragen gibt es dabei einige Punkte zu beachten. Zwar liegt es auf der Hand, dem Kandidaten oder der Kandidatin für den neu zu besetzenden Geschäftsführerposten beim Gehalt ein bisschen entgegenzukommen. Insbesondere beim Führungspersonal ist man gerne bereit, zugunsten der Qualität von den eigenen Budgetvorstellungen nach oben abzuweichen. Hier sind der Großzügigkeit aber unter Umständen Grenzen gesetzt.
Für Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von gemeinnützigen Organisationen gilt: Sie dürfen nicht unangemessen hoch sein, da ansonsten der Verlust des Status der Gemeinnützigkeit droht. Die Frage ist also: Wieviel dürfen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeberzahlen, damit sie einerseits ausreichend qualifiziertes Personal finden und auf der anderen Seite im Rahmen der Rechtsvorgaben agieren?
Der Blick ins Gesetz führt leider nicht zur Klarheit darüber, wann Gehälter in Non-Profit-Organisationen noch angemessen sind. Der Bundesfinanzhof hat aber in einem Urteil aus dem Jahr 2020 (BFH, Urteil v. 12.03.2020 – V R 5/17) eindeutige Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit aufgestellt.
Bei der Beurteilung, ob eine unverhältnismäßig hohe Vergütung gezahlt wird, können danach die für die verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3Satz 2 KStG) entwickelten Grundsätze herangezogen werden, sodass die Angemessenheit anhand eines externen Fremdvergleichs zu beurteilen ist. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung kann damit auf die Bezüge für vergleichbare Tätigkeiten bei nicht steuerbegünstigten Organisationen abgestellt werden. Einen speziellen Arbeitsmarkt für Beschäftigte von gemeinnützigen Organisationen gibt es nach dieser Entscheidung nicht.
Die Angemessenheit der Vergütung sei vielmehr durch Schätzung zu ermitteln, wobei zu beachten ist, dass nicht nur ein bestimmtes Gehalt als angemessen anzusehen ist. Hier wird den Arbeitgebern eine gewisse Flexibilität eingeräumt, sodass Gehälter innerhalbeiner Bandbreite rechtens sein können. Erst wenn dieser Rahmen um mehr als 20 Prozent überschritten werde, kann ein krasses Missverhältnis und damit eine unverhältnismäßige Vergütung bejaht werden. Aber auch wer über diesen Grenzen liegt, muss nicht zwangsläufig miternsthaften Konsequenzen rechnen. So stellte der Bundesfinanzhof klar, dass auch unverhältnismäßig hohe Gehälter nicht zwingend zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen. Danach kommt eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit nicht in Betracht, sofern nur geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 Abgabenordnung vorliegen.
Gerade weil die Gehaltsstruktur in Verbänden oder Stiftungen sehr uneinheitlich ist, trägt dieses Urteil ein Stückweit zur Rechtssicherheit bei. Vor allem die Anmerkung des Gerichts, dass es keinen speziellen Arbeitsmarkt für Beschäftigte von gemeinnützigen Organisationen gebe, ist ein großer Vorteil beider Personalfindung. Verbände können sich darauf berufen, dass es keine Abstufung im Verhältnis zur Privatwirtschaft geben muss. Für gemeinnützige Organisationen bleibt somit im Rahmender Gehaltsverhandlungen ein gewisser Spielraum.
Die Personalnot macht sich in der Vereins- und Verbandsarbeit aber nicht nur beim Hauptamt, sondern vor allem beim Ehrenamt bemerkbar – und das bereits seit Langem. Viele beklagen, dass ihnen die Zeit für eine solche Aufgabe fehle. Dies gilt insbesondere für junge Menschen, denen es kaum gelingt, den Spagat zwischen Beruf und Familie zu meistern; da ist es sicher für die meisten nicht möglich, sich nach Feierabend noch zusätzlich als Vorstand einer karitativen Organisation zu engagieren.
Als Konsequenz daraus versuchen einige Organisationen, den Mangel immer wieder durch eine Personalunion von Haupt- und Ehrenamtspositionen zu kompensieren. Das kann im Einzelfall dazu führen, dass die ehrenamtliche Kassiererin ihren eigenen Arbeitsvertrag als hauptamtlich beschäftigte Assistenz für den Verband unterzeichnet.
Was auf den ersten Blick schon nicht ganz unproblematisch erscheint, entpuppt sich häufig bei rechtlicher Prüfung als ein In-sich-Geschäft gemäß § 181 BGB. Danach ist unzulässig, dass ein Vertreter im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder im Namen Dritter ein Rechtsgeschäft vornimmt, weil hierbei die Gefahr eines Missbrauchs der Vertretungsmacht besteht.
Das Verbot des sogenannten Selbstkontrahierens liegt aber dann nicht vor, wenn ein solches In-sich-Geschäft gestattet wurde. Beim Verband kann sich eine Erlaubnis vor allem aufgrund einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung ergeben, die solche Rechtsgeschäfte zulässt. Möglich ist außerdem, dass In-sich-Geschäfte des Vorstands durcheinen Beschluss der Mitgliederversammlung gestattet werden. Dies gilt dann aber nur für den Einzelfall; eine generelle Ermächtigung bedarf immer einer entsprechenden Regelung in der Satzung.
Liegt eine Befreiung des gesamten Vorstands oder einzelner Vorstandsmitglieder von der Beschränkung des § 181 BGB vor, ist außerdem erforderlich, dass dies gemäß § 64 BGB auch so im Vereinsregister eingetragen wird. Diese Verpflichtung besteht nicht, wenn die Befreiung nur einmalig gewährt wird. Unabhängig davon, was rechtlich zulässig ist, sollten Transparenz und Nachvollziehbarkeit mit Rücksicht auf ein harmonisches Miteinander und im Hinblick auf die übrigen Vereinsmitglieder immer im Vordergrund stehen.
Dies gilt nicht nur zur Sicherung des internen Rechtsfriedens, sondern auch dann, wenn sich der Verband entschließt, seine Schlagkraft durch eine Kooperation mit anderen gemeinnützigen Organisationen zu erhöhen, oder beider Aufnahme in einen übergeordneten Dachverband. So ist damit zu rechnen, dass die Zusammenarbeit mit einem weiteren Verband an die Bedingung geknüpft wird, die eigene Satzung entsprechend anzupassen. Einigen Dachorganisationen reicht dabei das Gebot des Vier-Augen-Prinzips als Vertretungsregelung für den Vorstand aus, andere fordern ein ausdrückliches, in der Satzung verankertes Verbot von In-Sich-Geschäften.
Wer versucht, den Mangel an ehrenamtlichem Personal dadurch auszugleichen, dass er dem Vorstand seine Tätigkeit durch finanzielle Zuwendungen schmackhaft macht, sollte berücksichtigen, dass dies bekanntermaßen nur nach strengen rechtlichen Vorgabenmöglich ist.
Nach § 27 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist der Vorstand eines Idealvereins ehrenamtlich tätig. Dabei kann jedes Vorstandsmitglied den Ersatz konkreter Auslagen immer verlangen. Alle darüber hinausgehenden Zuwendungen an ehrenamtliche Vorstandsmitglieder sind Vergütungen, die dem Vorstand nur zustehen, wenn dies ausdrücklich in der Satzung festgelegt ist. Die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung führt dazu, dass der Vorstand nicht mehr ehrenamtlich tätig ist, und stellt damit einen Verstoß gegen das Gemeinnützigkeitsrecht dar. Das ist nicht der Fall, wenn es eine Regelung in der Satzung gibt, die dies erlaubt.
Vor allem bei größeren Verbänden werden Vorstandsämter häufig vergütet. Dies gilt wahlweise für den gesamten Vorstand oder nur für einzelne Vorstandsposten, wie beispielsweise den Vorsitzenden. Rechtlich besteht in einem solchen Fall zwischen der Organisation und dem Vorstandsamt ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der auf eine Dienstleistung gerichtet ist, § 675 BGB in Verbindung mit §§ 611ff. BGB.
Strengere Vorgaben gelten für die Mitglieder eines gemeinnützigen Vereins. Nach dem Grundsatz der Selbstlosigkeit sind alle Zuwendungen eines gemeinnützigen Vereins an seine Mitgliedergrundsätzlich unzulässig, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgen. Allerdings lässt die Finanzverwaltung dabei auch Ausnahmen zu. Gestattet sind kleinere Aufmerksamkeiten bei persönlichen Anlässen, wie zum Beispiel ein Geburtstagsgeschenk bis zu einem Wert von 40 Euro pro Anlass.
Auch die unentgeltliche Bewirtung der Vereinsmitglieder anlässlich des jährlichen Ausflugs ist zulässig. Aber auch hier gilt die Obergrenze von höchstens 40 Euro pro Teilnehmer und Jahr.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass in keinem dieser Fälle der Jahresbeitrag des Vereins überschritten werden darf. Beträgt dieser zum Beispiel 35 Euro, darf jedes Mitglied nur Zuwendungen bis zu dieser Höhe erhalten.
Trotz allem ist und bleiben gemeinnützige Organisationen nicht nur für Berufseinsteiger, sondern auch für langjährig Beschäftigte attraktive Arbeitgeber; genauso wie eine ehrenamtliche Position trotz zusätzlichen Zeitaufwandes für viele eine sinnstiftende Tätigkeit ist. Schaut man genauer hin, gibt es zahlreiche Gründe, warum sich Arbeitnehmertrotz lukrativer Jobangebote in der Privatwirtschaft für den Verein, den Verband oder die Stiftung entscheiden. Einer ist sicher, dass die Organisationen in der Regel in kleineren Einheiten aufgebaut sind. Die Strukturen sind damit schneller zu durchschauen – man kennt sich. Insgesamt ist die Atmosphäre häufig eher familiär.
Die überschaubare Größe der Organisationen bringt auf der anderen Seite auch flachere Hierarchien und damit ein größeres Mitspracherecht mit sich. Und auch nach außen sollte man eine gewisse Parkettsicherheit mitbringen, denn schnell ist man schon nach kurzer Einarbeitungszeit mit repräsentativen Aufgaben betraut. Dazu gehört in vielen Fällen auch der direkte Kontakt zu wichtigen Entscheidungsträgern in der Politik und Wirtschaft. So sind große Interessenvertreter gern gesehene Sachverständige in politischen Anhörungen nicht nur auf Landesebene, sondern auch beim Bund und im Europaparlament. Bei der Arbeit für bestimmte Interessenvertreter kann es vorkommen, dass dem ein oder anderen darüber hinaus eine hohe mediale Präsenz inklusive Statements in sämtlichen Medien zukommt.
Ein weiterer Punkt ist die große Aufgabenvielfalt. Bei einer dünnen Personaldecke kann es schon mal vorkommen, dass neben der Organisation der Mitgliederversammlung auch der nächste Social Media Post auf der To-do-Liste landet. Ob man dies als Vor- oder Nachteil bewertet, hängt sicher auch von den eigenen Vorstellungen und der individuellen Persönlichkeit ab.
Wer also trotz Fachkräftemangel geeignete Kandidaten für die offene Stelle im Verband gewinnen möchte, der wird nicht drum herumkommen, ein bisschen Werbung in eigener Sache zu machen. Dazu gehört vor allem, die Vorzüge der Organisation herauszustellen. Punkten wird man bei Kandidaten, die sich durch flache Hierarchien, ein familiäres Arbeitsumfeld, eine abwechslungsreiche Tätigkeit inklusive eines direkten Drahtes in Politik und Wirtschaft angesprochen fühlen. Wer daneben noch ein Händchen für das Miteinander von Haupt- und Ehrenamt hat, der ist in der Verbandswelt sicher bestens aufgehoben.
Quelle: Verbändereport, Ausgabe 2/23, Gastbeitrag von Silke Gottschalk in der Fachzeitschrift Verbändereport